Bayern - Gymnasium

Kompetenzorientiert lernen und lehren mit OrtswechselPLUS

„Kompetenzorientierung verbunden mit einer nachhaltigen Wissensvermittlung“ – diese didaktische Grundkonzeption wurde im LehrplanPlus konsequent ausgearbeitet, und sie bildet die Grundlage des neuen Lehrplanwerks für Bayern: OrtswechselPLUS.

Ortswechsel war von Beginn an kompetenzorientiert angelegt und konnte so seiner Konzeption treu bleiben. Im Folgenden wird kurz erläutert, wie wesentliche Elemente kompetenzorientierten Unterrichtens in dieser Buchkonzeption umgesetzt sind.


Anforderungssituationen


Die Anforderungssituationen sind der Ort, an dem die gegenwärtige und die zukünftige Lebenswirklichkeit der Schülerinnen und Schüler ins Spiel kommen. Aus Anforderungssituationen lassen sich Lernaufgaben unterschiedlicher Komplexität ableiten.

In OrtswechselPLUS findet sich kein schematischer Umgang mit Anforderungssituationen, sondern diese besitzen jeweils ganz unterschiedlichen Charakter sowie unterschiedliche Reichweite und Komplexität. Sie können darum flexibel und je nach individueller Lernsituation eingesetzt werden.

  • Die umfassendste „Anforderungssituation“ stellt natürlich der Ortswechsel an die neue Schule dar, der im Mittelpunkt des 1. Kapitels steht, und auf den immer wieder zurückgegriffen wird.
  • Jedes Kapitel beginnt (nach der einleitenden Doppelseite mit philosophischen Fragen und „Vorschau“) mit einer Doppelseite, die anhand starker, oft ambivalenter Materialien mitten hinein in die Thematik des Kapitels führt. Die lebensweltlichen Situationen oder existentiellen Fragen, die hier angesprochen werden, eignen sich zunächst zum Einstieg in das Kapitel, können aber auch (als komplexere Anforderungssituation) die gesamte Unterrichtssequenz begleiten.
  • Die letzte Doppelseite bietet jeweils Situationen und Aufgaben an, die zur Anwendung des Gelernten in neuen Zusammenhängen gedacht sind. Doch auch diese Materialien lassen sich als Anforderungssituationen einsetzen und in Unterrichtseinstiege verwandeln.
  • In den Impulskästen der einzelnen Doppelseiten schließlich finden sich viele „kleine“ Anforderungssituationen.
  • Nicht zuletzt stellen die philosophisch-theologischen Fragen am Kapitelanfang Anforderungssituationen im Sinne existentieller Fragestellungen dar.

    

Outputorientierung und Vielfalt: kompetenzorientierte Aufgabenkultur


OrtswechselPLUS verzichtet konsequent auf geschlossene (W-)Fragen. Überhaupt werden Fragen nur dort gestellt, wo wirklich etwas fraglich ist, z. B. die philosophischen Fragen auf den Eingangsseiten. Stattdessen wird mit Aufgaben und Gesprächsimpulsen gearbeitet. Angesichts der Vielzahl von Aufgaben und Impulsen auf jeder Seite ist sofort klar: Hier muss ausgewählt werden. Die Vielfalt liegt einerseits in der Unterschiedlichkeit der Kompetenzerwartungen begründet und dient andererseits der Differenzierung innerhalb der Lerngruppe. Hier eine Auswahl zu treffen, ist Aufgabe der Unterrichtsvorbereitung; dabei gibt dieses Lehrerhandbuch Hilfestellung. Es kann aber auch zu spannenden Ergebnissen führen, die Schülerinnen und Schüler einmal selbst auswählen zu lassen.

 

Aufgabenvielfalt aufgrund unterschiedlicher Kompetenzerwartungen


Die Aufgabenstellungen entsprechen den vier prozessbezogenen Kompetenzpaaren (Kompetenzstrukturmodell des Fachprofils des Evangelischen Religionsunterrichts):

Wiedergeben und Beschreiben: Die Schülerinnen und Schüler üben diese Basiskompetenz an einfachen kurzen Texten und immer wieder an Bildern. Basiskenntnisse werden in den Infokästen zusammengefasst.

Wahrnehmen und Deuten: Religiöse Symbole, Bilder und Formen, biblische Texte, kirchengeschichtliche Quellen sowie theologische und philosophische Texte wollen erschlossen, gedeutet und verstanden werden – wenn sie auch manchmal in ihrer Fremdheit bewusst nicht „begriffen“ werden. Die Schülerinnen und Schüler entwickeln gerade erst die Fähigkeit, religiöse Symbole und Phänomene als solche zu identifizieren, ihre besondere Sprache wahrzunehmen und ihre Deutungsbedürftigkeit zu erkennen. Dazu bedarf es anregender, starker und deutungsoffener Materialien – OrtswechselPLUS macht hier ein reichhaltiges Angebot.

Reflektieren und urteilen: Eigene Standpunkte zu finden und begründet zu urteilen ist eine wichtige Voraussetzung religiöser Mündigkeit. OrtswechselPLUS will kritisches Denken anstoßen – durch provokative Impulse, freie Zitate, „MERKEs“ sowie widerspenstige, oft ambivalente Materialien. OrtswechselPLUS traut Lernenden (wie Lehrkräften) manchmal eine Menge zu, doch würde man den Schülerinnen und Schülern mit ihren kritischen Fragen und tiefsinnigen Gedanken (gerade auch schon in der 5. Jahrgangsstufe) nicht gerecht, wenn man sie mit billigen Lösungen abspeisen wollte.

Sich ausdrücken und kommunizieren: Der Religionsunterricht lebt von der Kommunikation. Das „echte“ (also nicht das auf ein bestimmtes Ergebnis hin gelenkte, fragend-entwickelnde) Unterrichtsgespräch spielt eine zentrale Rolle. Kommunikation geschieht auf Augenhöhe und in Freiheit. OrtswechselPLUS gibt mit seinen Materialien und Impulsen vielerlei Anregungen zu Gespräch und Diskussion im Plenum und in Gruppen, aber auch gestalterische Aufgaben, Vorschläge zu spielerischen Experimenten und Darbietungen, zu freiem Schreiben und zur anschaulichen Präsentation.

 

Differenzierung aufgrund unterschiedlicher Lernvoraussetzungen


Innere Differenzierung spielt aufgrund der wachsenden Heterogenität der Lernenden und für das Thema Inklusion eine große Rolle. Dem kommt OrtswechselPLUS durch eine Vielzahl von Aufgaben und Impulsen entgegen, aus denen man auswählen kann, ja muss. Es wurde bewusst auf eine schematische Kenntlichmachung von unterschiedlichen Aufgabentypen (z. B. nach Schwierigkeit, Sozialform, Verbindlichkeit) verzichtet, denn solche Zuschreibungen variieren je nach individueller Unterrichtssituation und -gestaltung. Entsprechende Hinweise (z. B. „wenn ihr Zeit habt …“, „in großen Klassen …“) sind in den Aufgaben oft ausgeschrieben.

 

Selbstbestimmtes Lernen / Metakognition

 

  • OrtswechselPLUS ist ein Schülerbuch. Das merkt man schon daran, dass die Kinder und Jugendlichen gern eigenständig darin blättern und bei manchen besonders ansprechenden oder witzigen Materialien „hängenbleiben“. Alle methodischen Vorschläge, Hinweise zum Unterricht etc. stehen für die Schülerinnen und Schüler sichtbar auf den Doppelseiten (im Unterschied etwa zu Schulbuchkonzeptionen, die didaktische Hinweise dem Lehrerhandbuch vorbehalten). Zugegeben braucht es eine gewisse Souveränität, um sich im Unterricht zu ungeplanten Wegen verführen zu lassen. Doch der Gewinn ist groß: Man erlebt Überraschungen, staunt über die Gedanken der Schülerinnen und Schüler, erfährt, was sie wirklich denken.
  • Expliziter als im alten Ortswechsel werden die Schülerinnen und Schüler nun auch in die Planung einbezogen: Mithilfe des Vorworts und der „Extratour“ können sie sich Aufbau und Konzeption des Religionsbuchs eigenständig erschließen. Anhand der Übersicht auf jeder Eingangsdoppelseite bekommen sie einen Überblick über das, was sie im Kapitel erwartet und können sich so in die Planung der Unterrichtssequenz einbringen.
  • Unter dem Motto „Extratour“ haben sie in jedem Kapitel Gelegenheit, sich über einen längeren Zeitraum hinweg eigenständig mit dem Lernbereich zu beschäftigen. Die „Extratouren“ können in den Unterricht integriert werden, eignen sich aber auch für Vertretungsstunden. Weitere Lernaufgaben größeren Formats finden sich in diesem Lehrerband.
  • Viele Aufgaben und Impulse zielen auf eigenständige Aktivität innerhalb und außerhalb des Unterrichts. Dazugehört auch das selbstständige Recherchieren, zunächst im Lexikon, dann auch im Internet. Im Anhang finden sich Methodenseiten, ebenfalls in der Form direkt an die Schülerinnen und Schüler gerichtet, die es ihnen ermöglichen, wichtige Methoden nicht nur zu erlernen, sondern v. a. auch zu reflektieren.
  • Da OrtswechselPLUS ein Schülerbuch ist, ist zu erwarten, dass einzelne Seiten und Materialien auch Wirkung zeigen, wenn sie im Unterricht nicht behandelt werden. So gibt die Präsenz der philosophischen Eingangsfragen dem Kapitel seinen besonderen Charakter, auch wenn diese nicht Gegenstand des Unterrichts waren. Dazu ist es günstig, wenn die Schülerinnen und Schüler das Buch zuhause zur Verfügung haben. Vielleicht ergibt sich ja auch einmal ein Gespräch mit den Eltern über die eine oder andere interessante Frage!

 

Aufbauendes und vernetzendes Lernen


Kompetenzorientierung bedeutet, Lernen „Vom Ende her“ zu denken: Was sollen Schülerinnen und Schüler als Erwachsene in Sachen Religion „können“? Das große Ziel ist dabei Religionsmündigkeit als Fähigkeit, sich im Bereich der Weltanschauungen und Religionen begründet zu positionieren. Die „grundlegenden Kompetenzen“, eine neue Kategorie des LehrplanPLUS, zeichnen solche großen Linien aufbauenden, zukunftsoffenen Lernens nach. Sie liegen den einzelnen Kapiteln in OrtswechselPLUS als Tiefenstruktur zugrunde.

  • Für ein solches Lernen mit langem Atem ist zunächst der Blick auf das bisher Gelernte wichtig. Dieser muss nicht schematisch am Anfang eines Lernbereichs stehen. Sinnvoller ist es, im Lernprozess immer einmal wieder innezuhalten: „Darüber haben wir doch schon einmal nachgedacht“ – „Das kommt mir bekannt vor.“ „Das sehe ich jetzt anders als früher.“ OrtswechselPLUS erinnert an etlichen Stellen an früher Gelerntes.
  • Besonders dem nachhaltigen Lernen gewidmet ist jeweils die letzte Doppelseite eines Kapitels. Neben etlichen Aufgaben findet sich der Rucksack, der vielen als Markenzeichen von Ortswechsel gilt. Entsprechend dem neuen Lehrplan dient er nun nicht mehr als „Grundwissens-Rucksack“. Vielmehr signalisiert er einen Zwischenstopp auf dem Lernweg und lädt in Rückblick auf die Vorschau zur Reflexion ein. Der Rucksack dient also auch der Einübung einer Feedbackkultur – ebenfalls ein wichtiger Bestandteil kompetenzorientierten Lernens.
  • Aufbauendes Lernen verlangt ein verändertes Unterrichten, das gelegentlich Ergebnisse offen lässt, das sozusagen lose Fäden hängen lässt, an die man später anknüpfen kann: „Hier ist noch etwas offen“. „Darauf müssen wir zurückkommen“. „Hier kommen wir jetzt nicht weiter.“
  • Innerhalb der Lernbereiche bestehen vielfältige Vernetzungen, die im Buch jeweils durch ein kleines Dreieck gekennzeichnet sind.
  • Verknüpfungen mit anderen Fächern werden im Buch angesprochen, wo sie sich anbieten.
  • Nach dem letzten Kapitel findet sich eine Seite „Alles im Zusammenhang“, die den Schülerinnen und Schüler Gelegenheit gibt, am Ende des Schuljahrs noch einmal Rückschau zu halten, sich anhand der jeweils typischen Bilder an die einzelnen Kapitel zu erinnern und sich  bewusst zu machen, wie diese sich gegenseitig ergänzen und erhellen.